Taiwan öffnet die Tore für ausländische Studenten

Für diejenigen, die sich in den Kopf gesetzt haben, Chinesisch zu lernen, tut sich nach einer langen Durstrecke endlich die Möglichkeit auf, ihre «auf dem Trockenen» erworbenen Sprachkenntnisse vor Ort zu nutzen oder zu vertiefen, sei es in einem Sprachstudium oder in einem regulären Studiengang (wenn die Sprachkenntnisse dazu ausreichen): Wie das taiwanesische Erziehungsministerium kürzlich mitteilte, öffnet Taiwan ab 1. August 2022 seine Tore wieder für ausländische Studierende, nachdem es die Grenze schon Ende 2019 dichtgemacht hatte.

Masken hatten in Taiwan schon vor Corona Tradition, hier auf einem Nachtmarkt in Taipei.

Noch gilt die «3+4 Regel» (drei Tage Quarantäne und vier Tage Selbstüberwachung) und die Maskenpflicht soll mindestens noch bis Ende Juli gelten – allerdings galt es schon seit jeher als grundlegende Anstandspflicht, bei der geringsten Erkältung eine Maske zu tragen. Darüber hinaus besteht keine grosse Gefahr, dass die taiwanesische Regierung plötzlich die Zero-Covid-Policy des chinesischen Festlands übernimmt, hat sich die taiwanesische Politik sowohl in sozialer als auch wirtschaftlicher Hinsicht bewährt.

Über die Vorteile eines Studiums in Taiwan braucht man nicht viele Worte zu verlieren. Sie beginnen beim Studium an sich (geringere Klassengrössen, mangels Zensur gegenüber der Volksrepublik China interessanteres Unterrichtsmaterial), und gehen über vielfältige Aktivitäten ausserhalb des Studiums (Studentenclubs, Wandergruppen, Kulturaktivitäten), über die Infrastruktur (z.B. günstige und gute Gesundheitsversorgung) bis hin zu «weichen Faktoren», welche die Integration in der taiwanesischen Gesellschaft wesentlich erleichtern und die sich nicht leicht beschreiben lassen.

Nachteile gibt es natürlich auch: das feuchtheisse Wetter im Sommer (gottseidank gibt es kühle Quellen), das feucht-kühle Wetter im Winter (gottseidank gibt es heisse Quellen), die ständigen Erdbeben und der Umstand, dass der Regen in Taiwan besonders nass ist.

Von den geographischen Bedingungen einmal abgesehen, kann man kritisieren, dass der Berg an Hausaufgaben, der für die koreanischen und japanischen Studienkollegen ein Klacks ist, für an europäische Verhältnisse gewohnte Studierende ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist, zumal man sich bei einer Klassengrösse von fünf bis zehn Studierenden, wie ich sie an der NCCU erlebt habe, schlicht nicht verstecken kann. Und für jemanden wie mich, die sich endlich ein genügendes Arsenal an chinesischen Kurzzeichen zugelegt hat, ist die Umstellung auf Langzeichen, die einem für eine Weile zurück ins Analphabetenstadium katapultieren, ein bisschen hart. Und für Nostalgiker noch eine betrübliche Nachricht: der berühmteste Student in Taiwan, Gao Weili, ist leider in Pension gegangen.

Der berühmteste Student in Taiwan, Gao Weili, ist in Pension gegangen.

Maja Blumer studierte 2008/2009 an der Tsinghua University in Beijing chinesisches Recht sowie an der Beijing Language and Culture University (2013/2014) bzw. an der National Chengchi University in Taipei (2014/2015 ) die chinesische Sprache – dort natürlich mit Gao Weili.